1. EuGH

 
 

Die Altersbefristung nach § 41 SGB VI ist europarechtskonform

Der EuGH hat mit Urteil vom 28.02.2018 die Vereinbarkeit von § 41 Satz 3 SGB VI mit Europäischem Recht ausgeurteilt (C-46/17). 

Die Vorschrift lautet: „Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, ggfs. auch mehrfach, hinausschieben.“

Das LAG Bremen hatte Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit der Diskriminierungsrichtlinie (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78). Während die Befristungsrichtlinie (§ 5 Richtlinie 1999/70) dem Gesetzgeber aufgebe Höchstgrenzen für die Befristungsdauer und die Anzahl der Befristungen zur Vermeidung des Missbrauchs von Mehrfachbefristungen zu schaffen, habe der deutsche Gesetzgeber bei der Altersbefristung nach § 41 SGB VI darauf bewusst verzichtet. Das LAG Bremen wollte vom EuGH deshalb wissen, ob hierin eine unzulässige Altersdiskriminierung liege. 

Die Zweifel des LAG Bremen an der europarechtlichen Vereinbarkeit von § 41 SGB VI hat der EuGH nunmehr ausgeräumt. Der EuGH bestätigt seine Rechtsprechung, wonach die automatische Beendigung der Arbeitsverträge von Beschäftigten, die rentenbezugsberechtigt sind, seit langem Teil des Arbeitsrechts zahlreicher Mitgliedsstaaten und weithin üblich sei. Dieser Mechanismus beruhe auf einem Ausgleich zwischen den politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen und/oder haushaltsbezogenen Erwägungen. 

Damit unterscheide sich die Situation des Rentenbezugsberechtigten Arbeitnehmers aber deutlich von jüngeren Arbeitnehmern. Ein Arbeitnehmer, der die Regelaltersgrenze erreiche, könne anders als ein jüngerer Arbeitnehmer nur zwischen der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses und dem völligen Ausscheiden aus dem Berufsleben wählen. Dass durch die Regelung von § 41 SGB VI Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Ende des Arbeitsverhältnisses sogar mehrfach hinausschieben können, und zwar ohne weitere Voraussetzungen und zeitlich unbegrenzt, bestätige sogar den günstigen oder vorteilhaften Charakter der fraglichen Bestimmung. Diese Bedingungen seien nämlich grundsätzlich geeignet, es einem Arbeitnehmer sowie seinem Arbeitgeber zu ermöglichen, das Arbeitsverhältnis nur dann fortzusetzen, wenn sie diese Option im Kontext einer Weiterbeschäftigung nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze für vorteilhaft erachten. 

Diese Regelung könne nach Auffassung des EuGHs auch dahin interpretiert werden, dass sie eine „bloße vertragliche Verschiebung des ursprünglich vereinbarten Rentenalters“ sei. Jedenfalls scheide eine Altersdiskriminierung aber aus, da der rentenbezugsberechtigte Arbeitnehmer zum einen sozial abgesichert sei und zum anderen nicht vor der Alternative stehe, statt der Befristung in den Genuss eines unbefristeten Vertrages zu kommen. 

Praxishinweis: Der Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Wenn die automatische Beendigung mit Erreichen des Regelrentenalters zulässig ist, müssen an eine danach befristet ausgestaltete Tätigkeit eben ganz andere Anforderungen gestellt werden als bei einem Arbeitnehmer, der diese soziale Absicherung noch nicht hat. Außerdem kann keinem Arbeitgeber zugemutet werden, ein Arbeitsverhältnis bis zum „Lebensende“ eingehen zu müssen.

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2. LAG Düsseldorf

 
 

Zur Frage der Versetzung bei einer Matrix-Struktur

Das LAG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 20.12.2017 (12 TaBV 66/17, die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen) zur Frage der Versetzung bei einer Matrix-Struktur entschieden.

Am Sitz der Unternehmenszentrale war ein Abteilungsleiter auf die Stelle Leiter TK befördert worden. Dieser Beförderung hatte der am Standort der Unternehmenszentrale gebildete Betriebsrat ausdrücklich zugestimmt und auf die Ausschreibung der Stelle verzichtet.

Mit dieser Position war auch die Weisungsbefugnis des Leiters TK gegenüber einem Abteilungsleiter an einem anderen Standort (Betrieb West) verbunden. Die Arbeitgeberin beantragte deshalb bei dem am Standort West gebildeten Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des beförderten Leiters TK. Der Betriebsrat am Standort West verweigerte die Zustimmung unter Hinweis auf die unterbliebene interne Ausschreibung. Das LAG hatte nunmehr zu klären, ob allein die Weisungsbefugnis des Leiters TK gegenüber dem Standortleiter am Standort Betrieb West eine mitbestimmungspflichtige Versetzung nach § 99 BetrVG darstelle. Dabei war vor allem zu berücksichtigen, dass die Weisungsbefugnis allein gegenüber dem Standortleiter und damit nur gegenüber einem einzigen Mitarbeiter an diesem Standort bestand.

Das LAG Düsseldorf schließt sich in dieser Frage dem LAG Baden-Württemberg an. „Soweit es darum geht, dass im Rahmen von Matrix-Strukturen, einer Führungskraft Vorgesetztenfunktion auch in einem anderen Betrieb zugewiesen wird, d.h. dieser der Vorgesetzter anderer Mitarbeiter bzw. werden soll, folgt die erkennende Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.05.2014 – 4 TaBV 7/13, Juris Rn. 48 ff.), dass darin eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG liegt, wenn der Mitarbeiter zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs organisatorisch eingeplant wird.“ Es sei insbesondere möglich, dass ein Arbeitnehmer z.B. zwei Betrieben zugehörig sei und deshalb auch in beiden Betrieben an der Wahl des Betriebsrats teilnehmen könne. Auch müsse bei einer Versetzung regelmäßig sowohl der abgebende Betriebsrat (Versetzung) als auch der aufnehmende Betriebsrat (Einstellung) zustimmen.

Die Kammer des LAG Düsseldorf sah auch keine Veranlassung, die verweigerte Zustimmung des örtlichen Betriebsrates (Betrieb West) zu ersetzen. Dieser habe seine Zustimmung berechtigterweise verweigert. In einer mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen GBV war die interne Ausschreibung von Arbeitsplätzen vereinbart. Im Sinne der GBV hätte sich auch der Abteilungsleiter am Standort West auf die Stelle des Leiters TK in der Unternehmenszentrale bewerben können müssen.

Außerdem stellt die Kammer klar, dass sich bei derartigen Sachverhalten einer Matrix-Struktur keine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates aus § 50 Abs. 1 BetrVG ergebe. Allerdings sei aus Sicht der Kammer eine Beauftragung des Gesamtbetriebsrates bei solchen Konstellationen durch die örtlichen Betriebsräte denkbar, die hier aber nicht vorlag.

Praxishinweis: Diese Entscheidung zeigt, mit welchen Problemen in der Praxis die Detailregelungen des Betriebsverfassungsgesetzes verursachen. Der Arbeitgeber war sich hier mit dem zuständigen Betriebsrat am Sitz der Unternehmenszentrale über die Beförderung – auch ohne interne Ausschreibung – einig. Nur wegen des Weisungsrechts gegenüber einem Standortleiter hätte dann auch noch der dortige Betriebsrat beteiligt werden müssen. Möglicherweise kann in solchen Fällen die Übertragung der Kompetenz auf den Gesamtbetriebsrat ein Ausweg sein. Es bleibt abzuwarten, ob und was das BAG zu dieser Frage entscheidet.

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