Dynamische Nutzung von Google Fonts löst neue Abmahnwelle aus!

 
 

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit letzter Woche haben zahlreiche unserer Mitgliedsunternehmen Abmahnungen des Berliner Rechtsanwalts Kilian Lenard erhalten, weil sie Google Fonts (Google Fonts sind kostenlose Schriftarten des US-Konzern Google, welche zur freien Verfügung stehen) ohne Einwilligung dynamisch auf ihren Websites einbinden. Der Berliner Anwalt handelt hierbei im Auftrag des Herrn Martin Ismail, wobei Herr Ismail Teil der Interessengemeinschaft Datenschutz ist. Die Interessengemeinschaft Datenschutz hat sich nach eigenen Aussagen der Durchsetzung des Datenschutzes auf zivilrechtlichem Wege verschrieben.

In der Abmahnung wird gerügt, dass Google Fonts auf der Website derart installiert wurde, dass unter anderem die IP-Adresse des Besuchers der Website an Google in den USA weitergeleitet wird. Hierbei handele es sich um eine unerlaubte Weitergabe der IP-Adresse an Google und stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Mandantschaft in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB dar. Eine Einwilligung in den Eingriff gemäß Art. 6 Abs. 1a DSGVO habe es nicht gegeben. Es wird vorgetragen, dass ein Unterlassungsanspruch bestehen würde, die Abgabe einer Unterlassungserklärung wird seltsamerweise nicht mit gefordert vielmehr wird die Zahlung eines Betrages i.H.v. 170 € eingefordert. Hierbei ist auch nicht klar ob die Zahlung des Betrages dazu führen soll, dass auf die Abgabe der Unterlassungserklärung verzichtet wird.

Der Berliner Anwalt springt hier offensichtlich auf den Zug von Ersatzforderungen für die Nutzung von Google Webfonts auf, die durch das Urteil des LG I München vom 20.1.2022 (Az. 3 O 17493/20) ausgelöst wurde.

Das LG München hat dem Kläger Schadensersatz i.H.v. 100 € gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zugesprochen. Hierbei hat das LG darauf abgestellt, dass durch die Weitergabe an Google beim Nutzer ein Kontrollverlust eingesetzt habe und dass damit vom Kläger empfundene individuelle Unwohlsein so erheblich gewesen sei, dass dies einen Schadensersatzanspruch rechtfertige. Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass die Datenweitergabe unstreitig in die USA stattgefunden habe, wo kein adäquates Datenschutzniveau vorherrsche.

Das Urteil hat heftige juristische Kontroversen hervorgerufen, da es den Schadensersatzanspruch sehr weit ausdehnt und letztlich den immateriellen Gefühlsschaden für erstattungsfähig ansieht. Grundsätzlich stellt ein Kontrollverlust noch keinen Schaden im Sinne der DSGVO dar. Des Weiteren kommt es laut Aussage von Google zu keiner Speicherung der IP-Adressen beim Laden von Web-Fonts. Folglich würde auch keine Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO vorliegen. Die IP-Adresse wird zwar während des Abrufs übertragen, weil dies technisch notwendig ist, sie wird jedoch nicht permanent gespeichert.

Folglich sind die Entscheidungsgründe in jedem Fall diskussionswürdig, dies hat aber nicht dazu geführt, dass von Abmahnungen Abstand genommen wird, ganz im Gegenteil wird das LG München Urteil eifrig zitiert und als Referenz für einen Schadensersatzanspruch herangezogen.

Letztlich kann meines Erachtens in der Forderungswelle nur eine rechtsmissbräuchliche Berufung auf einen vermeintlichen Datenschutzverstoß gesehen werden, um mit einfachen Mitteln eine nicht unerhebliche Bereicherung herbeizuführen. Ein Indiz ist hierfür insbesondere, dass neben dem Ersatzanspruch keine datenschutzrechtlichen Ansprüche, insbesondere kein Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mittels eines sogenannten Crawlers gezielt die Webseiten aufgesucht wurden, um sich in die gerügte Datenschutzverletzung hinein zu begeben, um sodann aus dieser Ansprüche abzuleiten. Dieses Verhalten führt letztlich dazu die Abmahnung ad absurdum zu führen und ist als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

Neu ist hier, dass sich nunmehr ein deutscher Anwalt vor den „Abmahnkarren“ hat spannen lassen um dem Anliegen nun mit anwaltlichem Nachdruck eine neue Intensität der Bedrohlichkeit zukommen zu lassen. In der Vergangenheit haben insbesondere Private auf die Rechtsverstöße aufmerksam gemacht und Geld dafür gefordert, dass sie nicht kostenpflichtig über einen Anwalt abmahnen lassen.

Praxishinweis:

Es stellt sich nun die Frage wie mit einer wie oben beschriebenen Abmahnung umzugehen ist. Es sollte in keinem Fall die Zahlung i.H.v. 170 € geleistet werden. Denn wie oben dargestellt geht es dem Abmahner hier nicht um die Abstellung des rechtsmissbräuchlichen Zustands, sondern einzig und allein darum den Seitenbetreiber abzuzocken.

Es sei hier allerdings noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich tatsächlich um einen Rechtsverstoß handelt Google Fonts dynamisch, ohne Einwilligung einzubinden, dies sollte schnellstmöglich abgestellt werden. Hierfür bietet sich die lokale Einbindung an. Die technische Umsetzung wird unter folgendem Link ausführlich und gut erklärt:

https://kopfundstift.de/google-fonts-lokal-einbinden/

Im zweiten Schritt sollte der Anwalt auf die rechtliche Unzulänglichkeit seiner Forderung hingewiesen werden.

Insbesondere sollte die Gegenseite dazu aufgefordert werden die anspruchsbegründenden Tatsachen substantiiert vorzutragen (Zeitpunkt des Seitenaufrufs durch Herrn Martin Ismail) nur so kann die Rechtmäßigkeit des vermeintlichen Anspruchs überprüft werden. Darüber hinaus sollte in jedem Fall die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Berliner Rechtsanwalts eingefordert werden. Hierfür sollte die Kopie der Originalvollmacht angefordert werden.

Sollten Sie Unterstützung bei der Beantwortung des Anwaltsschreibens benötigen, ist Ihnen das Team der AGAD Service GmbH gerne behilflich.

Beste Grüße aus Bochum
Dr. Nils Helmke
Geschäftsführer